Ein Autofahrer, der zu schnell gefahren war, wurde geblitzt. Um seine Strafe zu umgehen, meldete er
sich auf eine Anzeige im Internet. Eine unbekannte Person bot an, Geldbußen und Punkte zu
übernehmen. Die Bußgeldbehörde bemerkte diese Manipulation zu spät. Kann der Autofahrer belangt
werden? Das Oberlandesgericht Stuttgart entschied darüber am 20.02.2018 in seinem Urteil: AZ 4 Rv
25 Ss 982/17.

Konkreter Fall: Autofahrer wurde geblitzt

Ein Mann war 2015 auf der B27 in Richtung Tübingen zu schnell gefahren. Er wurde geblitzt. Die
zulässige Geschwindigkeit betrug 120 km/h. Diese hatte er um 58 km/h überschritten. Es wurden eine
Geldbuße von 480 Euro und 1 Monat Fahrverbot angesetzt. Der Fahrer bekam einen Anhörungsbogen.

Scheinbare Hilfe im Internet

Der geblitzte Autofahrer wollte verhindern, wegen dieser Ordnungswidrigkeit belangt zu werden. Er
fand eine Anzeige, in der jemand anbot, Fahrverbote und Punkte zu übernehmen. Der Mann schickte
dieser Person seinen Anhörungsbogen und überwies 1.000 Euro auf ein Bankkonto in der Schweiz. Die
unbekannte Person füllte den Anhörungsbogen aus und gab die erhöhte Geschwindigkeit zu.
Allerdings gab sie den Namen einer dritten Person an, die überhaupt nicht existierte.

Die Behörde bemerkte anfangs nicht, dass diese Person nicht existierte, und erließ einen
Bußgeldbescheid. Das Verfahren gegen den tatsächlichen Autofahrer wurde eingestellt. Als die
Manipulation später bemerkt wurde, war die Verfolgungsverjährung bereits eingetreten. Das
bedeutet, dass der Autofahrer endgültig nicht mehr belangt werden konnte. Der Fall ging vor
Gericht.

Die Gerichtsentscheidungen

Der Autofahrer wurde vom Amtsgericht Reutlingen wegen „falscher Verdächtigung“ verurteilt. Wenn
jemand eine dritte Person veranlasst, eine nicht existierende Person als Fahrer in einem Bußgeldverfahren anzugeben, macht er sich strafbar.

Das Landgericht Tübingen sprach den Autofahrer jedoch frei. Es wurde Revision eingelegt.

Das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte den Freispruch des Landgerichts. Das Verhalten des
Autofahrers erfüllt keinen Straftatbestand. Laut OLG hat sich der Angeklagte nicht wegen „falscher
Verdächtigung“ nach § 164 Abs. 2 StGB strafbar gemacht. Diese Regelung bezieht sich auf eine
tatsächlich existierende Person. Da der Angeklagte keine reale Person verdächtigte, hat er sich
diesbezüglich nicht strafbar gemacht.

Keine anderen Straftatbestände

Das OLG stellte fest, dass der Autofahrer keine Tatbestände für andere Straftaten oder
Ordnungswidrigkeiten erfüllte. Laut OLG lagen weder eine Urkundenfälschung noch das Vortäuschen
einer Straftat vor. Eine Strafvereitelung war ebenfalls nicht gegeben.
Es wurde auch die versuchte „mittelbare Falschbeurkundung“ nach §§ 271 Abs. 1, Abs. 4, 22, 23 StGB
geprüft. Da das Fahreignungsregister des Kraftfahrt-Bundesamts im Sinne der Norm kein öffentliches
Register darstellt, lag keine Straftat vor. Der Autofahrer kann auch nicht wegen „vorsätzlich
falscher Namensangabe“ nach §§ 111 Abs. 1, 14 OWiG belangt werden. Er wurde freigesprochen.