Eine Frau kündigte ihren Job, um zu ihrem Lebensgefährten zu ziehen. Sie meldete sich arbeitssuchend und bekam von der Bundesagentur für Arbeit eine Sperrzeit. Daraufhin ging die Frau vor Gericht. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschied am 12.12,2017 über diesen Fall: AZ L 7 AL 36/14.
Sperrzeiten der Bundesagentur für Arbeit
Um Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit zu bekommen, müssen bestimmte Auflagen erfüllt werden. Kündigt ein Arbeitnehmer wegen eines Umzugs seinen Job und meldet sich arbeitssuchend, kann er unter Umständen eine Sperrzeit bekommen. Diese wird nicht verhängt, wenn „wichtige Gründe“ für den Umzug vorliegen. Bisher waren diese Gründe jedoch stark eingeschränkt. Im Dezember 2017 wurden diese Regelungen durch ein Gerichtsurteil des LSG auf weitere Bereiche ausgeweitet.
Konkreter Fall: Aufgabe der Arbeitsstelle wegen Umzug zum Lebenspartner
Eine Frau aus Schleswig-Holstein arbeitete als Verkäuferin im Einzelhandel. 2011 lernte sie ihren Lebensgefährten aus dem Landkreis Nienburg kennen. Dieser war ebenfalls berufstätig und arbeitete als Gärtner und Hausmeister. Die beiden Partner wirtschafteten aus einer Kasse, verbrachten ihre Freizeit zusammen und sorgten füreinander. Sie planten eine gemeinsame Zukunft und wollten zusammenziehen.
Das Paar versuchte, am neuen Wohnort einen Job zu finden, um in einer gemeinsamen Wohnung zusammenleben zu können. Sie bewarben sich auf mehrere Stellen – ohne Erfolg. Schließlich kündigte die Frau ihren Job, meldete sich arbeitssuchend und zog zu ihrem Partner.
Bundesagentur für Arbeit verhängt Sperrzeit
Da die Frau laut Bundesagentur für Arbeit „ohne wichtigen Grund“ gekündigt hätte, bekam sie eine Sperrzeit. Die Agentur berief sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Ein „wichtiger Grund“ liegt demnach nur vor, wenn ein Paar verlobt ist und bald heiratet. Die Frau wehrte sich gegen die Sperrzeit und ging vor Gericht.
Die Entscheidung des LSG
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen folgte der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht. Die Begründung: Es ist nicht mehr zeitgemäß, die Sperrzeit wegen eines Umzugs vom familienrechtlichen Status abhängig zu machen. Das LSG betonte, dass die Sperrzeit keine Strafvorschrift ist. Sie darf nicht als Instrument benutzt werden, um gesellschaftliche und politische Vorstellungen durchzusetzen. Sinn der Sperrzeit ist, die Gemeinschaft der Versicherten vor Manipulationen zu schützen. Deshalb müssen zwar „wichtige Gründe“ vorliegen, um keine Sperrzeit zu bekommen, aber diese sind nicht länger nur auf Eheleute beschränkt. Diese Regelung gilt für alle Arbeitslosen. Ein Paar, das nicht heiraten will, muss genauso behandelt werden, sofern die Partnerschaft bestimmte Kriterien erfüllt. Es muss immer die aktuelle und individuelle Lebenssituation berücksichtigt werden.
„Wichtige Gründe“
Das LSG nannte Beispiele, die im Einzelfall gegebenenfalls als „wichtige Gründe“ anerkannt werden können. Hierzu zählen neben einer Schwangerschaft und einem Scheidungsverfahren auch gesundheitliche Gründe. Darüber hinaus können die Lage auf dem Wohnungsmarkt und die finanzielle Situation des Betroffenen eine Rolle spielen. Aus diesen Bereichen kann sich die Notwendigkeit ergeben, zum Lebenspartner zu ziehen und den bisherigen Job aufzugeben. Es wird im Einzelfall geprüft, ob die Partnerschaft durch Kontinuität, Fürsorge und Verantwortung geprägt ist. Ist das der Fall, stellt die Kündigung des Jobs kein „versicherungswidriges Verhalten“ dar. Dann darf diese auch nicht mit einer Sperrzeit von der Bundesagentur für Arbeit sanktioniert werden.