Die Zahl der Studienplatzbewerber für Humanmedizin ist in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen, ohne dass die Zahl der Studienplätze signifikant erhöht wurde. Waren es vor gut zehn Jahren noch zwei Bewerber auf einen Studienplatz, so sind es heute ungefähr fünf Bewerber.

Um die Nachfrage nach Studienplätzen zu bewältigen, werden diese in Abhängigkeit der Abiturnote (20 % ) und einer Wartezeitquote (20 % ) über die Stiftung für Hochschulzulassung (früher ZVS) zentral vergeben. Die übrigen Plätze (60 %) werden von den Hochschulen im Rahmen gewisser Vorgaben nach jeweils hochschuleigenen Kriterien vergeben. Die Dauer der Wartezeit für einen Studienplatz in der Wartezeitquote beträgt mittlerweile 15 Semester oder ungefähr 7 ½ Jahre.

In den 1970iger Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht sich schon einmal mit den Anforderungen an absolute Zulassungsbeschränkungen für Studienanfänger beschäftigt und diese dann als verfassungsmäßig erachtet, wenn die Auswahl und Verteilung der Bewerber nach sachgerechten Kriterien erfolgt, so dass jeder Bewerber, der die Befähigung zum Studium hat, auch grundsätzlich eine Chance unter möglichster Berücksichtigung der Wahl des Ausbildungsortes hat.

Dies sieht das Bundesverfassungsgericht unter Berücksichtigung der Auswahlkriterien als nicht mehr gegeben an. Das Verfassungsgericht stellt nunmehr fest:

  1. Aus dem Gebot der Gleichheitsgerechtigkeit folgt, dass sich die Regeln über die Vergabe von Studienplätzen grundsätzlich am Kriterium der Eignung orientieren müssen. Dabei bemisst sich die Eignung an den Erfordernissen des konkreten Studienfachs und den typischerweise anschließenden beruflichen Tätigkeiten. Die für die Beurteilung heranzuziehenden Kriterien müssen in ihrer Gesamtheit geeignet sein, die Studien- und Berufseignung hinreichend vorherzusagen.
  2. Die Auswahlkriterien müssen ihrer Art nach durch den Gesetzgeber bestimmt werden und nicht den Universitäten selbst überlassen werden (60 % der Studienplätze werden derzeit allein durch die Universitäten vergeben). Allerdings darf der Gesetzgeber den Universitäten gewisse Spielräume im Rahmen der festgelegten Kriterien zu billigen, insbesondere durch hochschuleigene Eignungsprüfungen. Diese Eignungsprüfungen müssen aber nach standardisierten und strukturierten Verfahren ablaufen und dürfen nicht die Abiturnote als einziges Kriterium beinhalten, sondern müssen zumindest ergänzend ein nicht schulnotenbasiertes Kriterium für die Studienplatzvergabe berücksichtigen.
  3. Das Abstellen auf die Abiturnote ist aber grundsätzlich verfassungsgemäß, denn der Gesetzgeber hat durch sogenannte „Landesquoten“ dem unterschiedlichen Niveau der Abiturausbildung und damit dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung getragen und die Abiturnote ist auch grundsätzlich geeignet die Studienqualifikation zu prognostizieren.
    Allerdings ist die Berücksichtigung von obligatorischen Ortswünschen in Kombination mit der Abiturnote unzulässig, denn dies führt zu einer Übergewichtung des Ortswunsches im Verhältnis zur Abiturnote. Im Ergebnis führt das nämlich dazu, dass der Ortswunsch noch vor der Abiturnote über die Studieneignung entscheidet.
  4. Auch die Wartezeitquote ist grundsätzlich verfassungsgemäß, sofern sie nicht über 20 % der zu vergebenden Studienplätze hinaus ausgeweitet wird. Allerdings muss der Gesetzgeber noch dafür Sorge tragen, dass die anrechenbaren Wartezeiten nach oben begrenzt werden. Im Ergebnis dürfte dies dazu führen, dass einige Bewerber, die jetzt über die Wartezeit „ins Studium rutschen“ zukünftig vom Medizinstudium ausgeschlossen sind.

FAZIT: Der NC bleibt erhalten. Der Gesetzgeber muss aber nach Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts bei den Vorgaben zur Vergabe von Studienplätzen bis Ende 2019 nachbessern.
Pressemitteilung des BVerfG zum Urteil vom 19. Dezember 2017 – 1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14